Am 2. Freitag im April
Der Ausstellungstitel Am 2. Freitag im April erinnert unmittelbar an die Date Paintings von On Kawara. Die Datumsangaben ermöglichten ihm, im konzeptionellen Sinne sein Leben mittels Zeit- und Ortangaben in die Kunst zu transformieren, da dem Bild auch der jeweilige Zeitungsausschnitt beigelegt ist. Kawara selbst war öffentlichkeitsscheu und verstand es, seine Persönlichkeitsangaben in der Schnittmenge zwischen Ort, Geschehen und Dauer zu beschreiben. Ein Umstand, der dem Titel Hofers ebenfalls innewohnt. War es doch der ursprünglich geplante Eröffnungstermin der hier zu besuchenden Ausstellung, der vom Künstler als mündliche Eselsbrücke so weitergegeben wurde und plötzlich durch eine bisher noch nie dagewesene Epidemie einen neuen Kontext erhielt. Es war eben nicht der abwesende Künstler, der die Datums- und Ortsangabe zum Porträt seiner künstlerischen Praxis wählte, sondern der Umstand eines globalen Zusammenhangs – der bis heute noch anhält – und über Nacht notwendig gewordene Maßnahmen einleitete, die jeden betrafen und noch immer betreffen.
Es ist immer vermessen, ein scheinbar vom künstlerischen Prozess unabhängig stattfindendes Ereignis automatisch in die Arbeit zu inkludieren und sich eines trittbrettfahrenden Fortbewegungsmechanismus zu bedienen. Aber die in diesem Bild angegebene Struktur der Mobilität und Bewegung entspricht den intuitiven Stadtraumerfahrungen eines Kartographens wie Siggi Hofer. Er reduziert subtil in seinen Zeichnungen Raum und Zeiterfahrungen, die Orientierungssysteme als Sprache verdichten. Jene Akribie: Punkt für Punkt, Aussage für Aussage, Handlung für Handlung grafisch festzuhalten ist zentraler Motor der künstlerischen Auffassung von Siggi Hofer.
Umso mehr lässt sich der notwendig gewordene Maßnahmenkatalog als Kondition und Schablone unseres Zusammenlebens im und außerhalb des Kunstbetriebes lesen. Das Raster wird zur Taktfrequenz unseres Bewegungsspielraums und zur noch nie dagewesenen Selbsterfahrung. Die parallelen Handlungsmotive zwischen Kunstpraxis und Gegenwart verdichten sich und ergänzen das Narrativ der Ausstellung. Ungeplant wird das Motiv der grün-weiß-roten Rose zum Solidaritätsmotiv für Italien und den aktuellen Geschehnissen.
Das Motiv der Rose ist nicht nur in seinem romantischen und politischen Spektrum ikonografisch aufgeladen, sondern auch eine Kindheitserinnerung des Künstlers aus seiner Schulzeit in Italien. So gab es Schreibhefte, so Hofer, die am unteren Rand den einzelnen Kästchen folgend Motive zum Nachzeichnen und Üben offenließen. Wenn wir wieder zurückblicken, auf Maßnahmen, Handlung und Effekt, die auf die Akribie des Künstlers schließen, verstehen wir die Selbstverständlichkeit der Haltung Hofers, die Handlung und das Motiv in den künstlerischen Prozess eingreifen zu lassen. Unterstützt wird dies durch die auf mehreren Holzplatten verteilten Schriftsätze, wie come on sister, come on brother oder ich will kein Mensch sein, die zu den Rosen entsprechend gleich einem rezitierten Text zu Aufführung kommen. Die Textsplitter werden zu mobilen, an die Wand gelehnten Protagonisten, die sich zu den Rosen wie auf einer Bühne bewegen und unsere Gedanken als Selbsterfahrung des zuletzt Erlebten spiegeln. Wir können die Aussagen nicht nur direkt für uns vom Skript lesen und zu eigen machen, sondern sie auch durch den Raum tragen, neu justieren und kombinieren. Wenn Kunstproduktion zentral unsere Eigenschaft zur Identifikation und Distanz aufgreift, ist dies auf den tragbaren Sperrholzplatten im oben beschriebenen Zeitfenster des Epidemie bedingten Lockdowns am direktesten und unmittelbarsten umgesetzt. Und fast hätten wir es vergessen, dass sich On Kawara immer noch im Raum befindet, ohne je dagewesen zu sein, da auch unsere Gegenwart auf Verschriftlichungen beruht, die von außen gegeben, getragen und gelesen werden.
Um so mehr lassen sich der notwendig gewordeneMaßnahmenkatalog als Kondition und Schablone unseres Zusammenlebens im und außerhalb des Kunstbetriebes lesen. Das Raster wird zur Taktfrequenz unseres Bewegungsspielraums und zur noch nie dagewesenen Selbsterfahrung. Die parallelen Handlungsmotive zwischen Kunstpraxis und Gegenwart verdichten sich und ergänzen das Narrativ der Ausstellung. Ungeplant wird das Motiv der grün-weiß-roten Rose zum Solidaritätsmotiv für Italien und den aktuellen Geschehnissen.
Karin Pernegger
In der Ausstellung ist die Rose in 7 Variationen mit Lack auf 110 cm x 120 cm Mdf Patten gemalt zu sehen und steht im Zentrum der Ausstellung
Freitag, 19.06.2020, 18 Uhr & Samstag, 20.06.2020, 18 Uhr
20.06.2020 - 19.09.2020
Mi. - Fr.: 12 - 17 Uhr und nach Vereinbarung
11.09.2020, 19 Uhr