Sveta Shuvaeva

DRAW-S

 

Sveta Shuvaeva – die Kunst der subtilen Täuschung

 

Svetlanas Kunst ist zunächst reizend, liebenswürdig, fast harmlos-sympathisch und doch sind ihre Arbeiten ernst, bissig, hintergründig.

Oft und gerne geht man der Künstlerin in die Falle, um zwei Beispiele zu nennen: In einer Textilmanufaktur entstanden liebe Stoffe auf Basis von Mustern der Künstlerin, aus denen dann zu ebenso unauffälligen Kleider genäht wurden, erst wenn man ganz genau hinsah entschlüsselten sich die Muster als ordinäre Schimpfworte.

Ein andermal betrat man einen leerstehenden Raum, der gebaut aber nie eine Verwendung gefunden hatte, man wollte gleich weitergehen, leer war er und doch voller Kunst, die eine oder andere Steckdose, eine von vielen Lüftungsabdeckungen, eine ganze Türe, alles aus Papier, so exakt gearbeitet dass man es fast nicht erfasste.

Auf vielfältige Weise also thematisiert die Künstlerin also relevante Themen wie Gewalt gegen Frauen, Gleichberechtigung, inhaltlicher Leere, zweckloser Architektur.

Und so verhält es sich auch mit den Zeichnungen der Künstlerin. Auch bei diesen muss man genauer hinsehen um sie zu entschlüsseln, sie sind genauso wenig niedlich, wie der Raum nicht leer und der Stoff nicht hübsch ist.

Mit ihrer delikaten Ästhetik schafft es Svetlana Shuvaeva sich aus sowjetischer und postsowjetischer Formensprache zu befreien und ihre eigene Sprache zu entwickeln, die einen sehr spezifischen Aspekt der russischen künstlerischen Realität anspricht.

Zeitgenössische Kunst fasst Fuß, wird immer mehr ein Teil des öffentlichen Lebens und eines breiten Diskurses, aber auch Gegenstand gezielter Kulturpolitik die versucht das Phänomen zeitgenössischer Kunst einzufangen.

Dies äußert sich in einer gewissen Tendenz der Verniedlichung mittels derer Zeitgenössische Kunst möglichst schön, gerne auch abstrakt und auch gerne konzeptuell oder unverständlich, aber nicht angriffig sein möge.

Diese Politik trifft sich mit einem sich jungen entwickelnden Markt der sich – nicht immer, aber nur zu oft in dieselbe Richtung bewegt – das letztlich Dekorative, das Schöne, und Unverbindliche.

Die Arbeit von Svetlana Shuvaeva spielt auf ganz subtile Weise mit diesem Harmoniebedürfnis von Politik und Kunde. Süß sieht es aus, und ist gerade das Gegenteil. Mit feiner und scharfer Klinge bringt Svetlana Shuaveva relevante Themen zur Sprache.

 

Svetlana Shuvaeva, geboren 1986 in Bugulma/Tartastan, 2010 Abschluss der staatlichen Universität für Architektur und Ingenieurswesen in Design, im selben Jahr Übersiedelung nach Moskau wo seither lebt und arbeitet.

 

Text: Simon Mraz, Kurator zahlreicher russisch-internationaler Kunstprojekte, Leiter des Österreichischen Kulturforums Moskau seit 2009

Aldo Giannotti

Building Buildings

 

Aldo Giannottis Ausstellung in der Galerie WOP versammelt Arbeiten, welche die Architektur im weitesten Sinn zum Gegenstand haben. Vertraute architektonische Konzepte werden ad absurdum geführt und auf den Kopf gestellt. Gezeigt werden Zeichnungen, die großteils aus dem Umkreis des Projekts Buildings on Buildings (KÖR 2016–2017) stammen und auf Giannottis laufendes Projekt Demolition hindeuten. Die Ausstellung gewährt einen umfassenden Einblick in Giannottis eigentümlichen Gebrauch der Zeichnung als Instrument zur Ideenbildung.

 

Italo Calvino postulierte: „Die Phantasie des Künstlers ist eine Welt der Möglichkeiten, die zu verwirklichen keinem Werk je gelingen wird“. Ebenso geht es bei Giannotti weniger um das Werk als um das Einwirken und Auswirken von Ideen – oder noch besser: um die Wirksamkeit und Wirklichkeit von Möglichkeiten. Das Medium der Zeichnung hilft Giannotti dabei, eine Idee zu ‘entkleiden’ und somit ihre möglichst pointierte Formulierung zu gewinnen, welche die Gestalt einer knappen Aussage oder einer ungelösten Frage, einer geistreichen Bemerkung oder eines entwaffnenden Witzes annehmen kann. Diese Strategie erlaubt dem Künstler, mit einem breiten Spektrum an komplexen Themen umzugehen, ohne dabei jemals belehrend oder prätentiös zu sein.

 

Giannottis Augenmerk gilt der Beziehung von Menschen mit ihrer Umgebung sowie der physischen und symbolischen Infrastruktur des sozialen Raums. Seine Zeichnungen dienen oft als Anleitung zur Erkundung sozialplastischer Konzepte und rufen nach ihrer Ausführung. Sie grenzen den Umfang performativer Handlungen ab, an denen sowohl der Künstler als auch sein Publikum beteiligt sind. Potentielle Konzepte werden in die raue Oberfläche des Realen eingebettet und auf Widerständigkeit geprüft. Dabei erheben Giannottis Zeichnungen stets den Anspruch, ins Werk gesetzt und somit Wirklichkeit zu werden, ohne dabei auf ihren Möglichkeitscharakter zu verzichten. Sie bleiben Skizzen, Wirklichkeitsentwürfe.  Im Übergang von der graphischen Visualisierung einer Idee zu ihrer performativen Ausführung werden die Spielregeln, welche die Architektur des sozialen Raums ausmachen, in ihrer Kontingenz und Veränderbarkeit wieder wahrnehmbar. Die Repräsentation wirklicher Möglichkeiten kann somit Platz schaffen für die Präsentation neuer, möglicher Wirklichkeiten.

 

Dr. Giorgio Palma

David Eisl

Mountains of Madness

 

Die Arbeiten von David Eisl (* 1985) eröffnen über den Rückgriff auf das Motiv des Schachbrettmusters, das er als symbolisch aufgeladene Struktur offenbart, weite Assoziationsfelder. Diese reichen von Fragen der Vermessbarkeit der Welt über die Manipulation des Bildraumes seitens Zentralperspektive oder digitaler Medien bis hin zu der damit einhergehenden Konstruktion der Wahrnehmung. Das Schachspiel dient ihm dementsprechend nie nur als formales Gestaltungselement. Im weiter gefassten Sinn ist es sogar als Grundlage seiner künstlerischen Methode anzusehen. Denn in der Herstellung seiner Arbeiten tritt der Künstler häufig in eine Spielpartie mit sich ein und lässt seine Werke entsprechend eines selbst auferlegten Regelwerkes entstehen. Mit dem ludischen Moment seiner Arbeiten stets verbunden ist der Wunsch, Wahrnehmungsordnungen zu irritieren und zu brechen, um die Relativität derselben offenzulegen. Was Eisl am Spiel als Motiv und Methode dementsprechend am meisten reizt, ist, so der Künstler, „das Spiel mit der Wahrnehmung selbst“.

 

Ausstellungstext: Vom Schachspiel mit der Wahrnehmung 

Alfred Hrdlicka

Alfred Hrdlicka zählt zu den bedeutendsten österreichischen Bildhauern und Zeichnern des 20. Jahrhunderts. Neben monumentalen Skulpturen schuf er zahlreiche Zeichnungen und Graphiken. Zu diesen Graphiken gehört die Serie der Französischen Revolution, welche zwischen 1985 und 1989 in der Galerie Hilger erschienen ist. Hrdlicka untersuchte in seinem Werk Fragen von Gewalt, Macht und Ohnmacht. Er beleuchtete in seiner Arbeit die dunklen Seiten des Menschen und deren Geschichte. Seine Kunst war nie nur gesellschaftlich, sondern immer auch politisch zu verstehen. Auf beeindruckende Weise zeigte er Themen wie Unterdrückung, Krieg, Nationalismus und Gewalt. Dabei veranschaulichte er oft die menschlichen Abgründe und ihre oft tragischen Geschichten. Zeitlebens ist Hrdlicka seinem expressiv-figurativen Stil treu geblieben.

 

Alfred Hrdlicka wurde 1928 in Wien geboren und verstarb 2009 ebenda. Er studierte an der Akademie der Bildenden Künste Wien bei Fritz Wotruba und vertrat 1964 Österreich gemeinsam mit Herbert Boeckl auf der 32. Biennale in Venedig. Nach langen Lehrjahren als Professor in Stuttgart, Hamburg und Berlin wurde Hrdlicka 1989 schließlich als Professor an die Universität für angewandte Kunst Wien berufen. 1988 wurde auf dem Albertinaplatz in Wien sein Mahnmal gegen Krieg und Faschismus an prominenter Stelle errichtet. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen nationalen und internationalen Museen und Galerien gezeigt, unter anderem in der Wiener Secession; dem Belvedere, Wien; der Neuen Nationalgalerie, Berlin; dem Künstlerhaus, Wien und der Galerie im Taxispalais, Innsbruck. Über das Werk und Leben von Alfred Hrdlicka sind zahlreiche Bücher und Publikationen erschienen.

Kandis Williams

Kandis Williams produziert großformatige Collagen, die neben ihren persönlichen Erfahrungen auch den Betrachter mit einbeziehen. Sie untersucht Fragen der eigenen Identität und Geschichte, sowie Themen wie Rassismus, Nationalismus und Gewalt. Ihre Arbeiten sind oft in Schwarz-Weiß gehalten und suggerieren durch ihre Farbverläufe das Gefühl von Tiefe. Auf einfühlsame Weise zeigt sie die Nähe von Hässlichkeit und Schönheit. Dabei ergeben sich die dunklen Abgründe erst oft bei genauerer Betrachtung ihrer Arbeit. Durch die Wiederholung und das repetitive Collagieren, bringt sie Struktur und Ordnung in das Chaos und veranschaulicht und verdichtet die Themen ihrer Arbeit. Neben Collagen beinhaltet ihr Werk auch Performances und Choreographien, in denen sie sich mit Voyeurismus und Bewegungen des menschlichen Körpers auseinandersetzt.


Kandis Williams wurde 1985 in Baltimore, Maryland, geboren und absolvierte die Cooper Union School of Art in New York. Sie lebt und arbeitet in Berlin und Los Angeles. Ihre Arbeit wurde zuletzt in Einzelausstellungen bei Night Galley, Los Angeles und SADE, Los Angeles gezeigt, sowie in einer Performance bei Kevin Space, Wien. Kandis Williams hat an zahlreichen Gruppenausstellungen teilgenommen, unter anderem im The Studio Museum in Harlem, New York; The Underground Museum, Los Angeles; Neu West, Berlin; 68 Projects, Berlin und The Breeder, Athens.

Kandis Williams CV